Beinahe alle Bewohner von New Orleans (Louisiana), Chicago (Illinois), aber auch Banda Acehs und Indonesiens haben irgendwann in ihrem Leben bereits Erfahrungen mit gigantischen und gefährlichen Wellen gemacht. Mit der Krisensituation konfrontiert, haben sie sich wahrscheinlich kaum Gedanken über die genaue Bezeichnung bzw. Ursache der Zerstörung gemacht. Jedoch gibt es für die auf den ersten Blick drei sehr ähnlichen Phänomene komplett unterschiedliche Gründe und damit auch eine unterschiedliche Vorhersagbarkeit der Ereignisse.
Während sich viele auf die hohen Windgeschwindigkeiten, die von Orkantiefs und tropischen Wirbelstürmen ausgehen konzentrieren, ist es eigentlich die Sturmflut entlang der Küste (siehe Schaubild), die die Hauptgefahr für Menschenleben sowie Sachwerte birgt. Die Größe und Stärke des Sturmtiefs, die Form der Küstenlinie und des küstennahen Meeresbodens sowie die Zuggeschwindigkeit des Tiefs sind entscheidend für die Höhe der Sturmflut. Beim Auftreffen von Hurrikan „Kathrina“ an Land wurden Teile der Küste Mississippis beispielsweise von einer 10 bis 12 m hohen Sturmflut getroffen und das, obwohl sich Kathrina gegenüber ihrer maximalen Stärke vor Landfall deutlich abschwächte. Glücklicherweise sind die aktuellsten Sturmflutmodelle aufgrund detailliert vorliegender topografischer Daten in der Lage sehr genaue Vorhersagen über lokale Überflutungen zu geben. Diese sind unerlässlich für Krisenstäbe und Evakuierungspläne.
Eine Seiche (frz.) bezeichnet eine stehende Welle in Seen, Buchten und Hafenbecken und hat ähnliche Auswirkungen wie eine Sturmflut. Ausgelöst wird sie entweder durch stürmischen Wind oder Erdbeben. Für kleinere Wasserkörper wie Teiche oder auch Swimmingpools sind die Effekte recht überschaubar und offensichtlich: Eine Welle schwappt zwischen den äußeren Begrenzungen hin und her. Seiches sind fast immer auf größeren Gewässern wie z.B. den Great Lakes anzutreffen. Gewöhnlich bleiben sie jedoch außerhalb unserer Wahrnehmung. Ingenieure dagegen schließen Seiches in die Berechnung von Dämmen bis hin zu Sicherheitsbehältern von abgebrannten Brennelementen ein. Große und zerstörerische Seiches sind selten, aber wenn sie auftreten gefährlich. Praktisch aus heiterem Himmel traf an einem heißen Junitag im Jahr 1954 eine Seiche die Küste Chicagos (Illinois) und tötete acht Fischer. Grund für die Welle war eine Gewitterlinie, die das Wasser auf die gegenüberliegende Küste trieb, die zurückschwappende Welle traf dann einige Stunden später Chicago.
Der dritte zerstörerische Wellentyp ist der Tsunami, ausgelöst durch das Bewegen großer Wasservolumina, häufig durch Erdbeben. Auf hoher See ist ein Tsunami meist nur bis zu einem Meter hoch und damit kaum wahrzunehmen, allerdings bewegt er sich mit bis zu 800 km/h Stunde sehr rasch fort. Trifft ein Tsunami auf küstennahes flaches Wasser verlangsamt sich die Welle deutlich, türmt sich allerdings dafür umso mehr auf und wird dadurch extrem gefährlich. Ein küstennahes Erdbeben kann als Warnung verstanden werden und erlaubt es Personen aus gefährdeten Gebieten höheres Terrain aufzusuchen. Tsunamis können jedoch auch größere Strecken zurücklegen und völlig überraschend auf die Küste treffen. Erinnert sei an die Videos von Touristen in Thailand, die zunächst durch das Zurückweichen des Meeres verunsichert wurden und dann vor dem Tsunami verängstigt flohen. In den letzten 80 Jahren wurde auf internationaler Ebene viel unternommen um ein Tsunami-Warnsystem aus Erdbebensensoren, Bojen und einem effektiven Übertragungsweg der Warnungen zu entwickeln. Während solch ein System beim Tsunami 2004 noch meist fehlte, rettete es 2011 bei einem Tsunami ähnlicher Größenordnung an der Küste Japans im März 2011 wahrscheinlich Millionen Menschenleben.