Aufgrund des rekordverdächtig starken El-Nino-Phänomens im Pazifik kommt es derzeit von Süd- über Mittel- bis nach Nordamerika zu Wetterextremen und großen Abweichungen von den klimatischen Normalwerten. Während in den USA und Kanada die Regierungen den betroffenen Regionen finanziell unter die Arme greifen können, ist dies für die wirtschaftlich schwachen Dritte-Welt-Länder in Süd- und Mittelamerika schwierig bis unmöglich. Damit sind Millionen Einwohner Dürren oder auch Überflutungen mehr oder weniger schutzlos ausliefert.
Die schon lang anhaltende Dürre hat der Landwirtschaft in weiten Regionen des nördlichen und mittleren Südamerikas Schaden zugefügt. In der Region Alta Guajira im Nordosten Kolumbiens ist die Regenzeit seit drei Jahren ausgeblieben. Dadurch sind die Wasserreservoirs ausgetrocknet und die Existenz der dort ansässigen Bauern ist bedroht. So wird aufgrund der Wasserknappheit ein Ausfall der Kaffeeernte befürchtet.
Zusätzliche Sonnenstunden könnten die Qualität des berühmten kolumbianischen Kaffees zwar eigentlich steigern, ganz ohne Regen sind jedoch die entscheidenden Reifestadien der Kaffeebohne gefährdet.
Von Oktober bis Mitte Dezember wäre im Normalfall Regenzeit, allerdings hat der sich verstärkende El Nino bereits ein deutliches Minus an Regen gebracht (siehe Abbildung). Und auch in den kommenden Monaten wird mit rund 60 % weniger Regen gerechnet als üblich. Die mit Jahresbeginn einsetzende saisonale Trockenzeit dürfte die Lage für die, bereits unter Wassermangel leidende, Bevölkerung noch weiter verschlimmern.
Zusammen mit der Abholzung beschleunigt die anhaltende Trockenheit auch den Rückgang der Amazonas-Regenwälder, was überraschend weitreichende Konsequenzen nach sich zieht. Durch die flächendeckende Vernichtung des Regenwalds wird nämlich immer mehr Kohlendioxid freigesetzt, dieses wiederum beschleunigt die globale Erwärmung. Somit gibt es häufigere und auch stärkere El-Nino-Phasen, infolgedessen Waldbrände und noch weniger Bäume – ein wahrer Teufelskreis, der vor allem das Amazonasbecken mit verheerenden Dürren betrifft. Mit dem Wald geht außerdem eine wichtige Quelle für Wasserdampf in der Atmosphäre verloren, die im Falle noch intakter Wälder die gesamte Region vom Süden Brasiliens bis zur Karibik mit zusätzlichem Regen versorgen würde. Die Dürre in Südostbrasilien ist die schlimmste seit 80 Jahren. Besonders davon betroffen ist Sao Paulo, die größte Stadt der Südhalbkugel. Die Wasserreservoirs sind nur noch zu 12 % gefüllt, fast täglich fällt die Wasserversorgung für einige Zeit aus und das spärlich fließende Wasser ist oftmals trüb, also verschmutzt. Diese gesundheitsgefährdenden Zustände sind zwar auch der schlechten Infrastruktur und einem miserablen Krisenmanagement zuzuschreiben, aber erst die Abholzung bzw. die daraus resultierende Trockenheit machen sie zu einem akuten und tödlichen Problem.
Gleichzeitig kommt es in Teilen von Argentinien und Chile zu Starkregen und Überflutungen durch El Nino. Die Atacamawüste im Norden Chiles ist mit weniger als 15 Liter Regen pro Quadratmeter im ganzen Jahr normalerweise einer der trockensten Orte der Erde. Jetzt gab es dort aber Schlammlawinen und ein beeindruckender Blumenteppich bedeckt stellenweise die Wüste. Vor allem der Bergbau und die Landwirtschaft, dort insbesondere die bevorstehende Weizenernte, werden beeinträchtigt, ganz zu schweigen von den unmittelbaren Schäden durch Unwetter und Hochwasser. Langfristig jedoch sehen die meisten Wissenschaftler und Politiker aber in der Dürre und der damit verbundene Bedrohung der Nahrungsressourcen das weitaus größere Problem für die dortigen Ballungsgebiete.