Wie sich nun in der zweiten Sommerhälfte zeigt, haben sich die bereits im März angedeutete Anzeichen für einen El Niño im Pazifischen Ozean deutlich verschärft. Die offiziellen Prognosen einiger unabhängig voneinander arbeitender meteorologischen Einrichtungen in den USA, Australien, Japan und Großbritannien deuten allesamt darauf hin, dass der aktuelle El Niño mit großer Wahrscheinlichkeit bis ins Frühjahr 2016 andauern wird. Darüber hinaus deuten eine Vielzahl von Klimamodellen auf einen in seiner Intensität rekordverdächtigen El Niño hin. Infolgedessen wird weltweit ein markanter Wandel zum üblichen Witterungsmuster erwartet.
Das Phänomen El Niño bezeichnet das Auftreten von überdurchschnittlich warmen Oberflächenwassers im äquatorialen Ostpazifik vor der Küste Südamerikas. Die ungewöhnlich warmen Meerestemperaturen bewirken dort eine Abweichung vom mittleren Druck- und Strömungsmusters, was wiederum eine massive Änderung der Wettersituation zur Folge hat. Das Gegenstück zum El Niño ist die sogenannte La Niña, die sich durch ungewöhnlich warmes Oberflächenwasser im Ostpazifik auszeichnet. Für gewöhlich wechseln sich diese beiden Phänomene alle paar Jahre ab, mit einer mehr oder weniger neutralen Phase in der Zwischenzeit. Der bislang letzte El Niño ist im Winter 2009/2010 aufgetreten, wobei es sich damals um ein eher schwächer ausgeprägtes Ereignis gehandelt hat.
Seit anfang Juli liegen die Meerestemperaturen im Ostpazifik im Mittel um etwa 1,4 Grad über dem Normalwert. Damit übertrifft die diesjährige Meerestemperatur-Annormalie die für einen El Niño laut Definition vorgegebenen Schwellenwert (normalerweise zwischen 0,5 bis 0,8 Grad) bei weitem. Für gewöhnlich ist ab einer positiven Abweichung von 1,5 Grad ein ungewöhnlich stark ausgeprägter El Niño zu erwarten und dieser Wert ist in diesem Jahr schon fast erreicht.
Doch was bedeutet nun eigentlich ein starker El Niño für Europa? Um eine Vorstellung für die Folgen des diesjährigen El Niños zu bekommen, lohnt es den Fokus auf Vergangene Ereignisse zu richten. Zunächst ist aber wichtig darauf hinzuweisen, dass die in der Atmospähre ablaufenden Prozesse unglaublich komplex sind und man bei der Kenntnis von vergangenen Ereignissen nicht so einfach auf die Auswirkungen zukünftiger El Ninos schließen kann. In Anbetracht dessen sollten die folgenden Zeilen eher als ein Fingerzeig und nicht wie eine exakte Vorhersage gewertet werden. Mit dieser Randbemerkung im Hinterkopf lässt sich nun ein kurzer Blick auf die im kommenden Herbst und Winter möglichen Auswirkungen in Europa riskieren (während der Sommermonate ist der Einfluss des El Niños eher gering).
- In Westeuropa (Portugal, Spanien, Frankreich) ist die Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittliche Regenmengen während der Herbstmonate deutlich erhöht.
- In weiten Teilen West- und Südeuropas (Portugal, Spanien, Frankreich, Süddeutschland, Schweiz, Österreich, Italien) besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für überdurschnittlich warme Herbst- und Wintermonate.
- Ein Großteil aller dokumentierten El Niño-Ereignisse haben in Skandinavien und den Balitischen Staaten einen ungewöhnlich kalten Winter zur Folge. Allerdings verläuft der Winter bei besonders stark ausgeprägten El Niños (so wie dieses Jahr erwartet wird) wie auch in West- und Südeuropa für gewöhnlich überdurchschnittlich warm.